White Cube vs. Unkonventioneller Raum. Eine künstlerische Erprobung

Ein Projekt von C
Das Bild zeigt zwei Modelle von zwei Schüler:innen, die im Rahmen des Forschungsprojekts entstanden sind. Das linke Modell repräsentiert ein Konzept, das dem White Cube entspricht, während das rechte Modell eher einem unkonventionellen Ausstellungsraum nahekommt.
Bildrechte: C., 2024

Forschungsfrage

F1: Welche konkreten Wünsche haben Schüler:innen in Bezug auf die physische Gestaltung eines individuellen Wunsch Ausstellungsortes? F2: Inwiefern beeinflusst eine kreative und offene Projektarbeit im Kunstunterricht die Vorstellungen der Schüler:innen von Ausstellungsräumen, mit der Tendenz weg vom White Cube und hin zu unkonventionellen Ausstellungorten?

Beschreibung

In meinem Studienprojekt gehe ich der Forschungsfrage nach, welche Konzepte Schüler*innen von einem idealen Kunstausstellungsort haben. Dafür habe ich in einer achten Klasse ein experimentelles Unterrichtsvorhaben im Rahmen von vier Doppelstunden durchgeführt, bei dem sich die Schüler*innen dem Thema ‚Ausstellungsraum‘ durch eine künstlerische Erprobung angenähert haben. Das Unterrichtsvorhaben basierte auf einem Dreischritt: dem Entwerfen, bei dem die SuS ein textuelles Ideen-Haus und eine künstlerische Skizze zum Thema Wunsch-Ausstellungsort angefertigt haben; dem Modellieren, bei dem die SuS ein dreidimensionales Modell des Ausstellungsorts gebaut haben; und dem Reflektieren, bei dem die SuS ihre Vorstellungen und Wünsche an einen idealen Ausstellungsort der Klasse vorgestellt und diskutiert haben. Die induktiv und qualitativ erhobenen Daten aus der gesamten Unterrichtsreihe dienten als Material für meine Forschung, um zu überprüfen, ob die Vorstellungen der Schüler*innen an einen idealen Ausstellungsort eher dem Konzept des White Cubes oder der Vorstellung von einem unkonventionellen Ausstellungsort entsprachen.

Learning

Die Forschungserfahrungen haben gezeigt, dass die Tendenzen der Schüler*innen sehr eindeutig in Richtung eines "unkonventionellen" Ausstellungsraums gehen. Dabei wurde aber entgegen der Vorannahme das Konzept des White Cubes zum unkonventionellen Raum, und der unkonventionelle Raum hat sich als selbstverständlicher und gewöhnlicher Raum etabliert. Im Hinblick auf den Kunstunterricht hat sich die künstlerische Erprobung gelohnt, da das Interesse der Schüler*innen am Ausstellungsmachen und -besuchen geweckt wurde und erweiterte Kunsträume geöffnet wurden. Zudem wurde mir als Lehrer*in gezeigt, wie überraschend Schüler*innenkonzepte sein können.

Ausblick

In meiner Forschung konnte ich als Lehrkraft durch die Planung und Verwirklichung der Unterrichtsreihe wesentliche berufspraktische Erfahrungen sammeln und verschiedene Kunstvermittlungsansätze erproben. Ich kann mir gut vorstellen, das Unterrichtsvorhaben mit der Erweiterung um eine weitere Doppelstunde erneut mit einer anderen Lerngruppe durchzuführen. Für mein nächstes Forschungsvorhaben würde ich mir definitiv mehr Zeit und Raum für das Forschen im Sinne von Beobachten und Hospitieren einrichten, da dies aufgrund des vielen Unterrichtens zu kurz gekommen ist. Die Forschungserfahrungen haben gezeigt, dass innerhalb der Ausstellungsorte viele kleine Kunstwerke entstanden sind, die für eine weitere Forschung interessant wären. Inwiefern löst sich der Ausstellungsort von einzelnen Kunstwerken, oder kann man den Ausstellungsort an sich als Kunstwerk begreifen?

Auswertung

Die künstlerischen Erprobungen in der Jahrgangsstufe 8 haben gezeigt, dass die Wünsche und Vorstellungen der SuS eindeutig in die Richtung des unkonventionellen Ausstellungsraums gehen: Acht von neun Gruppen haben diverse Ausstellungsorte entwickelt, die interaktiv und partizipativ gestaltet sind, an denen sportliche Aktivitäten stattfinden und die außerhalb der Stadt liegen. Auch die äußere Gestalt der Räume entspricht durch bunte Raumvorstellungen und einen vielseitigen Einsatz der unterschiedlichsten Materialien einem unkonventionellen Ausstellungsraum. Eine Gruppe der neun Gruppen bestätigt als Ausnahmefall den Regelfall durch die Verwirklichung eines Ausstellungsortes, der dem White Cube sehr nahe kommt: Ein Ausstellungsraum in der Nähe einer Stadt, mit großen, leeren weißen Wänden, an denen Bilder von Van Gogh in Kombination mit QR-Codes und VR-Brillen betrachtet werden können.

Kategorie

Forschungsansätze

Zielgruppe

Schlagworte

Quellen und Referenzen 

Döring N. (2022). Forschungsmethoden und Evaluation in den Sozial- und Humanwissenschaften. 6., vollständig überarbeitete, aktualisierte und erweiterte Auflage. Berlin: Springer.
Flick U., Kardorff E. & Steinke I. (2019). Qualitative Forschung: ein Handbuch. 13. Auflage, Originalausgabe. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag.
Badura J., Dubach S., Haarmann A., Mersch D., Rey A., Schenker C. & Toro G. (2015). Künstlerische Forschung: ein Handbuch. 1. Aufl. Zürich [u.a.]: Diaphanes.
O'Doherty B., Kemp W. & Brüderlin M. (1996). In der weißen Zelle: = Inside the white cube. In: Berlin: Merve-Verl.

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