Hijab – ein Lehrer*innen-Verstecken oder ein Lehrer*innen-Ich?

Ein Projekt von Mine Güner
Das Bild zeigt metaphorisch, dass meine Gedanken auf meinen Körper übertragen werden, um diese für meine SuS sichtbar zu machen. Dabei dient mein Körper als "Übersetzungsgerät" meiner Gedanken.
Bildrechte: Mine Güner, 2024

Forschungsfrage

Inwiefern kann ich mit Hijab und Ferace Kunst lehren?

Beschreibung

Mein Studienprojekt, dem ich mich im Rahmen meines Praxissemesters im Kontext des Faches Kunst widme, nimmt die Form einer autoethnographischen Studie an. Dabei lenke ich meine Aufmerksamkeit auf mich selbst, mein Lehrer*innen-Ich und meine Lehrtätigkeit im umfassenden Kontext der Schule, unter Berücksichtigung meines Hijabs und Feraces. Während meiner ersten Nachbesprechung im Fach Kunst entstanden zahlreiche Fragen bezüglich meines Kopftuchs und meiner islamischen Bekleidung. Es wurde hinterfragt, ob diese Aspekte mich nicht in meiner Rolle als Kunstlehrerin behindern würden. Einige Kommentare lauteten: „Würde deine islamische Kleidung nicht deine Präsenz beeinträchtigen?“ oder „Du bist für deine Schülerinnen und Schüler so sichtbar wie eine weiße Leinwand.“ Ein weiterer Einwand war, dass meine Körpersprache aufgrund meiner islamischen Kleidung nicht angemessen zur Geltung käme. In meinem Forschungsvorhaben beabsichtige ich, diese Äußerungen sowie meine Lehr- und Körpererfahrung näher zu beleuchten und mittels künstlerische Aufzeichnungsverfahren näher zu untersuchen und zu dokumentieren.

Learning

Aus meiner Erfahrung in der Forschung gewinne ich Einblicke darüber, wie ich meine islamische Kleidung im Kontext des Kunstunterrichts nutzen kann und welche Methoden ich zur Vermittlung bestimmter Inhalte bevorzuge. Es hat sich gezeigt, dass meine Kleidung kein Hindernis für das Unterrichten im Kunstfach war. Des Weiteren habe ich einen vertieften Einblick in das Fach Kunst erhalten und klare Vorstellungen darüber entwickelt, wie ich mich in meiner Rolle als Kunstlehrerin weiter professionalisieren möchte, insbesondere durch eine schüler*innenzentrierte Arbeitsweise.

Ausblick

Ich würde dieses Studienprojekt genauso wieder gestalten wollen, da es mir dabei half, mich selbst in meiner Rolle als Lehrerin, insbesondere im Kunstunterricht, besser zu verstehen und kennenzulernen. Gleichzeitig bietet es einen Einblick für außenstehende Betrachter in dieses Thema sowie für Lehrerinnen, die ebenso ein Kopftuch tragen. Als Folge-Projektidee würde ich erwägen, Interviews mit anderen Lehrerinnen, die ein Kopftuch tragen, durchzuführen, um zu untersuchen, ob sie ähnliche Herausforderungen erlebt haben oder welche Erfahrungen und Erkenntnisse sie gewonnen haben.

Auswertung

Nach meinen Forschungsergebnissen konnte ich feststellen, dass das äußere Erscheinungsbild, obgleich es möglicherweise negativ bewertet wird, keine Korrelation mit inneren Qualitäten oder Fähigkeiten aufweist. Die Essenz des Lehrer*innenseins reicht weit über äußere Bekleidungsvorschriften hinaus. Ich konnte dabei feststellen: Niemand besitzt das Recht, aufgrund äußerer Merkmale über andere zu urteilen. Meine islamische Bekleidung und Identität können als zusätzliche Zugänge betrachtet werden, die Schüler*innen dazu ermutigen, sich eher zu öffnen. Das Konzept des Lehrer*innen-Ichs gründet somit auf einer Vielzahl an Erfahrungen, Prozessen und Entwicklungen und ist für jede Person ein bedeutender Teil des Einstiegs in die Lehrtätigkeit an der Schule.

Kategorie

Forschungsansätze

Zielgruppe

Schlagworte

Quellen und Referenzen 

Akbaba/ Bello/ Fereidooni (2022): Pädagogische Professionalität und Migrationsdiskurse, In: Rassismuskritische Fachdidaktiken Hg. v. dies., S.1-5.
Berghahn/ Rostock (2009): Einleitung: Der Stoff, aus dem die Kopftuch-Konflikte sind: in: dies. (Hg.) transcript Verlag, S. 9–30.
Brünning, Ludger/Tobias Saum (2024): GIBT ES UNSICHTBARE TIEFENSTRUKTUREN DES LEHRER-HANDELNS?, in: Pädagogik, Nr. 2, 01.02.2024, S. 40–43.
Hechler, Oliver (2017): Feinfühlig unterrichten: Lehrerpersönlichkeit - Beziehungsgestaltung - Lernerfolg, Kohlhammer Verlag.
Krautz, Jochen: Abschied von der ‚Creativity‘ – zurück zu Kunst und Bildung. Sinn und Unsinn von Kreativität in einer systematischen Kunstpädagogik. In: Fröhlich, Sarah/Krautz, Jochen (Hrsg.): "Kreativität". IMAGO. H. 13/2021, S. 40-59.

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